Spültuch als Thermometer

Mühlrad des Obenruedener Kotten, Foto: 1953 (unbekannt)
Mühlrad des Obenruedener Kotten, Foto: 1953 (unbekannt)

Das Schleiferleben war hart und abhängig von den Wasser- und Wetterbedingungen. Wenn es z. B. im Winter richtig kalt wurde, war man gezwungen, mit der Arbeit auszusetzen. Als Thermometer diente das Spültuch, das Schöttelplack oder auch Schöttelplaggen. Fror es steif, wenn man es morgens beim Aufstehen draußen an die Türklinke der Wohnung gehängt hatte, so war es zu kalt, um in den Kotten zu gehen; man blieb zu Hause am warmen Ofen.

Frauen trugen die Ware auf dem Kopf

Wupper und Wehrgraben, Obenruedener Kotten, Foto: 1912 (unbekannt)
Aus dem Wuppertal die Berge hinauf, Foto: 1912 (unbekannt)

Aber nicht nur die Schleifer arbeiteten schwer im Kotten: Ihre Frauen und Töchter trugen die fertigen Waren den Berg hinauf in die Stadt. Damit die feingeschliffenen Klingen sich auf dem Weg nicht reiben und ohne Fehler abgeliefert werden konnten, wurden sie in einem Korb auf dem Kopf getragen. Die Frauen legten sich ein besticktes Kissen auf, darauf wurde das »Jedrach« von Klingen gesetzt. Es waren nach altem Brauch immer 306 Stück, davon 6 auf Ausfall berechnete Zumesser. Auf dem Rückweg trugen die Lieverfrauen neue Arbeit, die schwarzen Klingen, zum Kotten zurück.

Das Industriedenkmal heute

Industriedenkmal heute, Obenruedener Kotten, Foto: Lisa Demmer
Das Industriedenkmal heute mit alter Mühlradwelle, Foto: Lisa Demmer

1976 gab die inzwischen privatisierte Schleiferei den etwas abgelegenen Standort auf und der Kotten stand bis 1993 leer. Seitdem kümmern wir uns darum, ihn als Denkmal der Solinger Industriegeschichte, aber auch als Wohnhaus mit Ferienwohnungen zu erhalten. Ganz besonders gefreut haben wir uns 1997 über den Denkmalschutzpreis des Bergischen Geschichtsvereins.